Rundgang 2022

Grußwort von HBK-Präsidentin Prof. Dr. Dorothea Hilliger zur Eröffnungveranstaltung des Rundgangs 2022 der HBK Braunschweig am 20. Juli 2022.

Zu der Veranstaltungsankündigung

Liebe Absolventinnen und Absolventen unserer verschiedenen Studiengänge, liebe Studierende, liebe Gäste, Freundinnen und Freunde sowie Partnerinnen und Partner der HBK, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hochschule! Im Namen des Präsidiums begrüße ich Sie ganz herzlich zum diesjährigen Rundgang an der HBK!

Wir können endlich, nach zwei Jahren Abstinenz, wieder gemeinsam das Ende des Studienjahres feiern – mit der Präsentation des Erarbeiteten, Gedachten, Gestalteten! Sie, liebe Studierende und Lehrende, aber auch all die anderen an der Hochschule, die beitragen, dass die zwar kleine, aber dennoch komplexe Institution am Laufen gehalten wird, haben die letzten zwei Jahre unter erschwerten Bedingungen Bildungs- und Arbeitsprozesse weitergeführt.
Auch wenn es an manchen Stellen geruckelt hat in diesen letzten zwei Jahren, auch wenn wir nicht im Einzelnen nachvollziehen können, wie viel die Pandemie jeder und jedem an dieser Hochschule abverlangt hat – die Ergebnisse rund um den Abschluss dieses Studienjahres sind beeindruckend.
Ich möchte an dieser Stelle allen für ihren besonderen Einsatz in dieser schwierigen Zeit ganz herzlich danken!

Wir haben allen Grund zu feiern – und das werden wir auch tun!
Aber es ist mir unmöglich, die noch nicht beendete Krise der Pandemie und die neu hinzugekommene eines Krieges mitten in Europa einfach beiseite zu lassen.
Wir als Kunsthochschule müssen sehr genau hinsehen, was mit Kunst und Kultur in diesen schwierigen Zeiten passiert. Wir müssen uns über die Relevanz unserer Arbeit in diesem Feld mit jedem gesellschaftlichen Wandel neu auseinandersetzen. Aktuell aber in ganz besonderem Maße. Und wir müssen uns über unser auch international ausgerichtetes Selbstverständnis als Kunsthochschule neu verständigen.

Es gibt eine Linie der öffentlichen Argumentation die besagt, angesichts der aktuellen Bedrohungen gibt es Wichtigeres als Kunst und Kultur – und wer kann dem angesichts von Zerstörung, ungebremster Gewalt und drohenden Hungersnöten ernsthaft widersprechen. Nur: Der Ansatz der Argumentation ist falsch. Eine solche Gegenüberstellung darf es nicht geben. Vielmehr ist die Frage, welche für eine Gesellschaft durchaus auch existentielle Bedeutung haben Kunst und Kultur?

Kunst und Kultur sind als Selbstreflexion einer Demokratie existentiell wichtig. Die Demokratie selbst, und wir erleben das täglich, ist beständigen Herausforderungen ausgesetzt. Das muss man gar nicht bedauern, gehört es doch zu einer lebendigen Demokratie dazu. Diese muss sich verändern können – und in manchen Aspekten auch immer wieder neu begründen. Der Anteil von Kunst und Kultur in einer funktionierenden Demokratie geht aber über die Reflexion gesellschaftlicher Prozess weit hinaus.

Kunst stellt neben anderen Feldern wie der Familie oder Ökonomie einen ganz eigenen Praxisraum der sozialen Welt dar, der die Qualität hat, Sinn und Bedeutung zu verleihen, auch Wege des sozialen Miteinanders zu erkunden. Es ist nicht nur das Faktische, was wir täglich vorfinden, sondern es ist die sinnhafte Organisation von Wirklichkeit, in deren Zusammenhang soziale Gebilde und unser Verhalten erst möglich werden.[1]

Tragischer Weise und in pervertierter Form lässt sich diese Bedeutung von Kunst und Kultur an den offenbar gezielten Zerstörungen von Theatern, Museen und anderen Orten der Kultur in der Ukraine durch russisches Militär ablesen.  Es besteht darüber hinaus der Verdacht, dass Kunstgegenstände und wichtige Zeugnisse der ukrainischen Kultur nach Russland verbracht werden. Auch dies in Eroberungsfeldzügen kein neues Phänomen. Man weiß, mit welcher Intention.

Wann, wenn nicht jetzt, müssen wir als Demokratie den spezifischen Beitrag von Kunst und Kultur mit allem was wir haben schützen und immer wieder neu erfinden, entwickeln, begründen.

Kunst und Kultur haben einen sehr spezifischen Auftrag auch in internationalen Verständigungs- und Übersetzungsvorgängen.

Ausgerechnet in dieser Situation stehen der DAAD, die Goethe-Institute und die Humboldtstiftung vor massiven finanziellen Kürzungen. Diese Organisationen sind zuständig für internationalen Studierendenaustausch, den Austausch von Forscherinnen und Forschern und für internationale kulturelle Verständigung.

Auch wir als HBK werden in den nächsten Jahren von Einschränkungen betroffen sein. Darauf müssen wir uns einstellen. Selbstverständlich werden alle, die für die Institution verantwortlichen sind, gegen Einbußen finanzieller Art Einspruch erheben.

Aber wir werden auch kluge Wege finden müssen, mit Einschränkungen umzugehen, um die vitalen Interessen und zentralen Aufgaben der Hochschule am Leben zu erhalten.

Hierfür müssen wir uns immer wieder neu fragen: Wie verstehen wir uns? Was ist unsere Verantwortung? Wie stellen wir uns als Institution zu gesellschaftlichen Herausforderungen? Welchen Beitrag leisten wir?

Eine Antwort auf all diese Fragen gibt jährlich auch der Rundgang.
Wir können stolz sein auf die Ergebnisse des diesjährigen Diploms, 41 Diplomandinnen und Diplomanden, so viele wie noch nie!

Unsere Kunstwissenschaft leistet einen umfassenden Beitrag zur Erforschung, Reflexion und Kontextualisierung künstlerischen Tuns. Ich hatte die Freude, bei der Verleihung der Magister- und Masterabschlüsse dabei zu sein. Es ist überaus beeindruckend, wie umfassend der Forschungsbeitrag unserer Studierenden auch zur aufgeworfenen Frage der gesellschaftlichen Bedeutung von Kunst ist.

Die Curricula der Medienwissenschaften sind von der Kombination von kultur- und kommunikationswissenschaftlicher Analyse geprägt. Auch sie haben das Potential, zur Selbstverständigung der HBK beizutragen.

Bei der anstehenden Neuaufstellung unserer Designstudiengänge wird auch ein Thema der Beitrag sein, den das Design zum gesellschaftspolitischen Verständnis einer Kunsthochschule zu leistet vermag. Eine Frage, die auch jetzt schon in den entsprechenden Studiengängen thematisiert wird.

Unsere künstlerischen Lehramtsstudiengänge erforschen und leisten den Transfer in die Schulen des Landes. Die außerschulische Kunstvermittlung versteht sich gleichermaßen als künstlerische und soziale Praxis.  

Die vielen regionalen, überregionalen und internationalen Vernetzungen, Kooperationen und Partnerschaften, die zum Selbstverständnis der HBK gehören, vermag ich hier gar nicht aufzuzählen.

Ich habe eingangs gesagt: Wir haben allen Grund zu feiern – und das werden wir auch tun!

Die kommenden vier Tage sind der Präsentation studentischer Arbeiten aus Ateliers, Werkstätten und Seminarräumen aller Studiengänge gewidmet. Sie erleben Diplom- und Meisterschülerarbeiten. In der Galerie ist die Ausstellung unseres Gastkünstler Peter Westwood zu sehen. Es gibt neben künstlerischen Arbeiten Symposien und eine Feier zum einjährigen Bestehen des Instituts für Performative Praxis, Kunst und Pädagogik, Rundgangführungen und vieles andere mehr.

Unter dem ausgehängten PR Code erhalten Sie weiterführende Informationen.

Es ist zu heiß, um alle namentlich zu nennen. Für die Ermöglichung und Organisation des Rundgangs möchte ich allen Angehörigen der HBK, die hieran intensiv gearbeitet haben, wie auch unseren Partner*innen und Partnern, Freundinnen und Freunden, die unsere Arbeit an der HBK begleiten unterstützen, ganz herzlich danken!

Ein sehr persönlicher Dank geht an alle, die sich in der Zeit meiner Präsidentschaft an der positiven Gestaltung dieser Hochschule beteiligt haben. Ihr Engagement, ihre Beharrlichkeit, Geduld und Ausdauer, ihre Expertise und Leidenschaft, sowie das mir entgegengebrachte Vertrauen haben alles das, was geschafft worden ist, erst möglich gemacht!

Ich weiß die Zukunft der HBK in guten Händen!

Bevor der RUNDGANG 2022 nun gleich richtig losgeht, übergebe ich das Wort an die Stiftung Braunschweiger Kulturbesitz, die auch in diesem Jahr wieder Arbeitsstipendien in Höhe von insgesamt 12.000€ unter unseren Diplomandinnen und Diplomanden ausgeblobt hat. Mit dem Preisgeld kann ein Jahr lang ein bestimmtes künstlerisches Arbeitsvorhaben verfolgt und umgesetzt werden. Die letzten zwei Tage hat eine mehrköpfige Jury die Preisträgerinnen und Preisträger aus den insgesamt 24 Bewerbungen ermittelt. Vielen Dank für diese Unterstützung an Frau Frye-Grunwald und Herrn Bruns von der SBK und vorab meinen herzlichsten Glückwunsch an alle Preisträgerinnen und Preisträger!

Ganz herzlich lade ich Sie alle ein, die von unserer Kantina Kreativades Studentenwerks OstNiedersachsen – ein Dank auch an Herrn Horlebeckund sein Team –vorbereitete kulinarische Versorgung zu genießen. Corona war auch für unsere Mensa eine harte Zeit, essen und trinken Sie reichlich!

Damit kommen wir zum Schluss des offiziellen Teils und ich erkläre den RUNDGANG 2022 für eröffnet und wünsche uns allen einen wunderbaren Abend! Vielen Dank!

 

[1] Vgl. Reckwitz, Andreas: Die Transformation der Kulturtheorien. Zur Entwicklung eines Theorieprogramms., S. 16