Interview mit Prof. Asta Gröting zu ihrer aktuellen Ausstellung "Asta Gröting. Ein Wolf, Primaten und eine Atemkurve" im Städel Museum

Frau Prof. Gröting, Sie sind seit 2009 Professorin für Bildhauerei in der Freien Kunst der HBK Braunschweig tätig und beschäftigen sich insbesondere mit den Medien Video, Skulptur, Performance und Zeichnung. Im Mittelpunkt Ihrer Arbeiten steht das gesellschaftliche Miteinander sowohl auf der emotionalen wie auf der konzeptionellen Ebene. Ihre Ausstellung im Städel Museum trägt den Titel "Asta Gröting. Ein Wolf, Primaten und eine Atemkurve". Die Einzelausstellung umfasst acht Werke aus den Jahren 2015 bis 2025, darunter sieben Videoarbeiten und eine eigens für die Ausstellung entwickelte Laserprojektion. Im Mittelpunkt stehen fließende Übergänge zwischen Natur und Kultur, Intimität und Distanz, Vertrautem und Fremden.
In diesem Interview „Drei Fragen“ möchten wir gerne mehr darüber erfahren:
Wie ist das Ausstellungsprojekt entstanden und was hat Sie daran besonders gereizt?
Das Städel Museum ist ein großes, traditionsreiches Museum mit einem wirklich engagierten Team. In dem Ausstellungsraum wollte ich eine neue Laserprojektion Atemkurve ausprobieren, die vom Ein- und Ausatmen inspiriert ist. Außerdem hatte ich Lust Videos aus zehn Jahren, die inhaltlich untereinander kommunizieren gegenüberzustellen. Zum Beispiel ist der Film „Wolf and Dog“, der die Begegnung zwischen einem Hund und einem Wolf zeigt, mit 1500 Bildern in der Sekunde gedreht und befindet sich gegenüber dem Film „Cherry Blossom – Down and Dusk“ – das nur mit einem Bild pro Sekunde gedreht wurde – um den Sonnenaufgang und den Sonnenuntergang sichtbar zu machen. Die extreme Zeitlupe ist einem Zeitraffer gegenübergestellt. Beide Techniken wurden gewählt, um etwas sichtbar zu machen, was wir mit bloßem Auge nicht sehen können, da wir mit 35 Bildern pro Sekunde in die Welt schauen.

In einem Video arbeiten Sie mit Helge Schneider zusammen. Können Sie uns den Hintergrund etwas näher erläutern?
Ich wollte schon länger einen Film über das Scheitern machen. Helge Schneider überwindet Scham in genialer Weise. Darüber hinaus ist er natürlich auch noch ein toller Musiker und Komiker. Unser Umgang mit Scheitern ist interessant. Es entsteht meist aus unseren eigenen Vergleichen und Ansprüchen, aus der Sicht auf uns selbst, weniger aus der Sicht der anderen auf uns. Wenn wir uns die Verluste eines Lebens bewusst vor Augen führen, taucht unweigerlich die Frage nach dem Scheitern auf. Würden wir uns mehr über das Scheitern freuen, hätten wir mehr Leichtigkeit im Leben und weniger Angst. Dadurch enstanden bessere Dinge, weil wir freier experimentieren konnten. Hinzu kommt die spannende Frage des politischen Scheiterns und wie politisch Verantwortliche mit der Angst vor dem Scheitern beeinflusst werden oder sich selbst beeinflussen.
Auf jeden Fall hat der Dreh mit Matthias Brandt und Helge Schneider sehr viel Spaß gemacht. Und das ist mir in meiner Arbeit eigentlich am Wichtigsten, nur das funktioniert leider nicht immer.

Was macht das Ausstellungsprojekt aus und worin sehen Sie die mögliche gesellschaftliche Relevanz?
Ich würde selbst nie von gesellschaftlicher Relevanz sprechen, weil ich einfach meine Themen bearbeite und dafür Bilder finde. In meine Arbeit möchte ich nicht mehr hineininterpretieren, als da ist. In der Nahaufnahme mit dem Orang-Utan lösen seine traurigen, wissenden Blicke bei mir Gedanken über den Umgang des Menschen mit Tieren aus. Wenn ich im Zoo vor den Primaten stehe - und sich unsere Blicke treffen -, frage ich mich: Was sieht der Orang-Utan oder Gorilla oder Schimpanse in uns Menschen? Und was sehen wir wiederum in ihren Augen?
In dem Titel der Ausstellung habe ich das Wort Primaten für die Menschen, die ich gefilmt habe und gleichermaßen den Orang-Utan verwendet. Das Wort Primaten entstand ursprünglich einmal, um die besondere Stellung des Menschen innerhalb der Säugetiere hervorzuheben, da der Mensch als „Krone der Schöpfung“ angesehen wurde. Die Evolutionswissenschaft sieht den Menschen heute nicht mehr als das höchste oder „Endziel“ der Entwicklung. Ich eigentlich auch nicht.

Die Ausstellung läuft vom 5. September 2025 bis zum 12. April 2026 im Städel Museum in Frankfurt.
Das Interview führte Brigitte Kosch, Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.