HBK-Videokünstler*innen erstrahlen im BraWoPark
HBK-Videokünstler*innen erstrahlen im BraWoPark
Hoch auf dem Dach des Business Centers I im BraWoPark nahe dem Braunschweiger Hauptbahnhof werden ab dem 7. August 2025 an der 150 Quadratmeter großen Medienfassade zehn neue Videoarbeiten von Studierenden und Absolvent*innen der Hochschule für Bildende Künste (HBK) Braunschweig gezeigt.
Seit dreizehn Jahren kooperieren die Volksbank BRAWO und die HBK Braunschweig im Rahmen eines gemeinsamen Wettbewerbs – teilnehmen können sowohl Studierende als auch Ehemalige der Kunsthochschule. Bereits im Mai wählte die fünfköpfige Jury – bestehend aus Michael Wittchow (Volksbank BRAWO, Leiter der Direktion Braunschweig), Savannah Gemballa (ebenfalls Volksbank BRAWO, Marketing), Dr. Ulf Hilger (Stadt Braunschweig, Kulturinstitut) sowie von der HBK Braunschweig Rolf Pilarsky (Künstlerischer Mitarbeiter in der Digitalfilm-Werkstatt) und Prof. Övül Durmusoglu (Institut FREIE KUNST) – in einer mehrstündigen Sitzung aus über 50 Bewerbungen die zehn Gewinner*innen aus. Ihre Videoarbeiten werden jeweils dienstags und donnerstags zwischen 6 Uhr und 24 Uhr präsentiert. An den übrigen Tagen werden weitere Arbeiten aus den zurückliegenden Wettbewerbsjahren präsentiert. Zusätzlich zur Medienfassade werden die Werke außerdem im Innenraum der Geschäftsfiliale der Volksbank BRAWO am Berliner Platz zu sehen sein.
In diesem Jahr entschied die Jury zu Gunsten der Arbeiten von Domingos de Barros Octaviano, Elli Becker Kozelka, Linda Denkert, Natascha Faber, Jakob Gaumer, Takashi Kunimoto, Jaq Lisboa, Clara Mannott, Marie Walaszek und Hava Erica Zeytin aus. Die Gewinner*innen erhalten je ein Preisgeld in Höhe von 1.000 Euro.
Die einzelnen Arbeiten in der Übersicht (Texte der Künstler*innen)
Domingos de Barros Octaviano – Metamorphosen

Die Arbeit ist der brasilianischen Dichterin Adélia Prado, spezifisch ihrem Gedicht „Exausto“ (Ermüdet), gewidmet.
„(...) Ich wünsche, was vor dem Leben war –
der tiefe Schlaf der Wesen,
die Gnade eines Zustands.
Ein Same.
Mehr noch als Wurzeln.“
Im Leben steht alles in Verbindung. Aus dem Zustand eines Wesens wächst immer etwas Neues heraus. Jedes Wesen ist von vielen anderen Wesen gemacht, dazu gehören auch die Metamorphosen.

Elli Becker Kozelka – moonwalk
In einer für den BraWoPark Tower konzipierten Videoarbeit wird die ikonische Tanzbewegung des Moonwalks neu interpretiert – zu sehen sind die Füße einer Person, die mühelos über verschiedene Plätze Braunschweigs gleiten. Die Aufnahmen zeigen zentrale Orte der Stadt, die mithilfe künstlicher Intelligenz visuell modifiziert wurden. So entsteht eine ästhetische Verschiebung, die den realen Stadtraum in eine abstrahierte, artifizielle Umgebung überführt. Die Verbindung von urbanem Raum und ikonischer Bewegung erzeugt eine Bildwelt zwischen Popkultur, Stadtlandschaft und futuristischer Imagination.
Linda Denkert – Das geheime Leben der Tauben

Scheinbar belanglose Orte werden von scheinbar belanglosen Tieren zu neuem Leben erweckt.
Mithilfe von Künstlicher Intelligenz werden Aufnahmen von Tauben in Braunschweig zu einer surrealistischen Fiktion verwandelt, die die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verschwimmen lässt. Die Kamera fängt die Tauben in ihrer liebsten Umgebung – dem Bahnhof – ein, zeigt wie sie fressen, leben, lieben und träumen. Heraus kommt eine Mischung aus Tierdokumentation, Science-Fiction und Love Story.
Eine Hommage an die Vögel und die Orte, die sie bewohnen. Ein Experiment, das die Grenzen der Wahrnehmung sprengt.
Natascha Faber – Omas Küchenschrank

„Ich schleppe ihn mit mir, wie meine Rolle als Frau.“
In „Omas Küchenschrank“ hinterfragt Natascha Faber, wie Verhaltensmuster, die uns durch Geschlechterrollen auferlegt werden, weiterhin unser Handeln prägen. Obwohl viele dieser Muster aus einer rationalen Perspektive wenig Sinn machen – wie etwa das Tragen von High Heels, die den Gang erschweren – führen wir sie aus Gewohnheit aus. Natascha Faber setzt sich mit der Frage auseinander, wie solche scheinbar irrationalen Handlungen in einem patriarchalen System bestehen bleiben.
Jakob Gaumer – Try to Händchenhalten

Unter strahlend blauem Himmel wiegen sich Gänseblümchen im Wind. Zwei Legofiguren tapsen unbeholfen aufeinander zu. Ohne Seriennummern, Warnhinweise und Anleitungen haben sie ein Eigenleben entwickelt. Ihre Ungelenkigkeit macht Nähe schwer – und doch finden sie irgendwie zueinander. In seinen Malereien und Kurzfilmen beschäftigt sich Jakob Gaumer mit dem kindlich naiven Wunsch nach einer heilen, überschaubaren Welt. Alltagsobjekte wie Legofiguren, Züge oder Zigarettenstummel werden zu Projektionsfläche menschlicher Gefühle und bewegen sich dabei zwischen Romantisierung, Idealisierung, Künstlichkeit und übersteigertem Glück.

Takashi Kunimoto – Emotion
In „Emotion 🙂“ geht es um die Fragilität und Wandelbarkeit menschlicher Gefühle. Das Video zeigt, wie Emotionen – Freude, Wut, Traurigkeit oder Langeweile – aus vielen beweglichen Elementen bestehen. Farbig-magnetische Kugeln ordnen, stoßen ab und gruppieren sich neu. Auf LED-Panels entstehen wechselnde, fließende Gesichter. Jede Farbe steht für eine emotionale Qualität. Die Animation zeigt: Emotionen sind unstet, entstehen aus inneren Impulsen. Was sind Gefühle? Warum verändern sie sich? „Emotion 🙂“ lädt zum Innehalten und Nachdenken ein – im Vorübergehen oder im Verweilen.
Jaq Lisboa – Wir sind nicht exotisch!

Etwas zu exotisieren, ist eine Form von Rassismus. In einer unterhaltsamen Animation, gemeinsam mit Früchten aus Brasilien, Kolumbien, Costa Rica, Peru und Ecuador, wird hinterfragt, was es bedeutet, „exotisch“ zu sein. Die Früchte schreiben den Satz „Ich bin nicht exotisch“ – und laden dazu ein, unsere Sprache und die Bedeutungen, die sie mit sich bringt, kritisch zu reflektieren. Wenn wir Früchte als „exotisch“ bezeichnen, tragen wir koloniale Vorstellungen weiter, die alles außerhalb eines eurozentrischen Blickwinkels als fremd oder minderwertig einstufen. Wenn eine Frucht aus Ecuador als exotisch gilt, neigen wir dazu, auch Menschen aus diesen Regionen so zu bezeichnen. Und das ist gewaltsam.
Clara Mannott – Türme

Nach dem Himmel strebend, weben Türme eine Verbindung zwischen Erde und Horizont. Am Anfang dienten sie dem Schutz: Aus der Höhe ließ sich der herannahende Feind erkennen, die Bevölkerung rechtzeitig warnen. Doch über ihre Funktion hinaus wurden Türme bald zu ästhetischen Manifestationen – materialisierte Zeugnisse von Schönheit und Macht. Die Arbeit geht dem menschlichen Streben nach, immer höher und weiter zu denken und zu bauen und bedient sich dabei an Materialien aus dem Atelier. Doch die wagemutigen Konstruktionen offenbaren ihre Zerbrechlichkeit. Jeder Turm steht im Dialog mit der Schwerkraft - ein Kräftemessen zwischen Aufstieg und Fall.

Marie Walaszek – BLA 3x
Nicht lang schnacken, Kopf in Nacken!
Hoch über den Wolken kommuniziert „BLA 3x“ mit den Passant*innen durch eine bewusst überzeichnete Bildsprache. Kräftige Farben und klare Formen lassen die Animation ohne Worte nach einem langen Arbeitstag, in Eile oder beim Blick aus dem Zug spielerisch leicht erschließen. Inspiriert vom "Happy Rizzi House", der Postleitzahl 38 und dem Braunschweiger Löwen – einem Marker städtischer Identität – brechen großflächige Motive aus dem urbanen Raum heraus und schweben als Kontrapunkt über dem grauen Beton.
Genug gefaselt, hingeschaut!
Hava Erica Zeytin – Déjà-vu

Wenn wir schönen, beeindruckenden oder gewöhnlichen Dingen zuschauen wie sie ihre Richtung ändern, hinterfragen wir das Gesehene oder unsere normative Lesart.
In der zeitlichen Dopplung, Beginn und Ende, erweckt das zeitlich umgekehrte Stock-Videomaterial von Pferden, Blumen und Feuerwerken, die durch die Gewohnheit der chronologischen Betrachtung geprägt sind, eine Irritation.
Adorno beschreibt Feuerwerke als flüchtig und sich im Verschwinden zeigend. Demnach reicht ein kleiner Einblick bereits für das Erwecken oder Vermitteln einer Erinnerung. Unser Hinterfragen und Erinnern verleitet uns so zu einem temporären, kollektiven Déjà-vu.